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Vom Pferd verursachte Schäden

von | 22. Juni. 2018

Anfrage an die Stiftung für das Tier im Recht: „Kürzlich war ich mit meinem Pferd Copenhagen auf einem Feldweg unterwegs. Ich habe zwar nichts bemerkt, aber irgendetwas muss Copenhagen aufgeschreckt haben, denn plötzlich warf er mich ab und brannte durch. Dabei rannte er einen Fahrradfahrer um, der nicht rechtzeitig ausweichen konnte. Dieser blieb glücklicherweise unverletzt, allerdings musste sein Fahrrad für CHF 400 repariert werden. Muss ich diese Kosten übernehmen?

Wann hafte ich für die von meinem Pferd verursachten Schäden?

Anfrage an die Stiftung für das Tier im Recht:

„Kürzlich war ich mit meinem Pferd Copenhagen auf einem Feldweg unterwegs. Ich habe zwar nichts bemerkt, aber irgendetwas muss Copenhagen aufgeschreckt haben, denn plötzlich warf er mich ab und brannte durch. Dabei rannte er einen Fahrradfahrer um, der nicht rechtzeitig ausweichen konnte. Dieser blieb glücklicherweise unverletzt, allerdings musste sein Fahrrad für CHF 400 repariert werden. Muss ich diese Kosten übernehmen? Frau Gwerder aus Root

Velounfall

Kausalhaftung

Für die von einem Tier verursachten Personen- oder Sachschäden haftet grundsätzlich der Tierhalter, unabhängig von seinem eigenen Verhalten. Die Haftung des Tierhalters ist eine sogenannte Kausalhaftung, das heisst, er muss auch dann für einen Schaden einstehen, wenn er diesen gar nicht verschuldet hat. Im Fall von Frau Gwerder trifft diese zwar kein eigentliches Verschulden; der Gesetzgeber stellt sich jedoch auf den Standpunkt, das Halten von Tieren stelle generell eine Gefahr für die Gesundheit und das Eigentum anderer Personen dar.

Es reicht also, Tierhalter zu sein, damit man im Schadenfall die Kosten aufgebürdet bekommt. Wer dabei genau als Tierhalter gilt, muss im Einzelfall ermittelt werden. Damit Frau Gwerder zur Verantwortung gezogen werden kann, müssen neben der Haltereigentschaft verschiedene andere Voraussetzungen erfüllt sein:

Voraussetzungen

Zunächst hat überhaupt ein Schaden vorzuliegen, also eine Vermögenseinbusse, die der Fahrradfahrer durch das schädigende Ereignis erlitten hat. Im Fall von Frau Gwerder sind dies die CHF 400 für die Reparatur seines Fahrrades. Die Schadenszufügung muss zudem widerrechtlich, das heisst durch eine gegen das Gesetz verstossende Handlung und ohne die Einwilligung des Geschädigten erfolgt sein. Weil man fremdes Eigentum nicht beschädigen darf, ist im oben geschilderten Sachverhalt auch diese zweite Voraussetzung erfüllt.

Direkter Zusammenhang

Zwischen dem Verhalten des Tieres und dem Schaden muss ausserdem ein direkter Zusammenhang bestehen. Es ist also zu prüfen, ob der Schaden auch eingetreten wäre, wenn das zu beurteilende Ereignis gar nicht stattgefunden hätte. Im Fall von Frau Gwerder besteht zweifellos ein solcher Zusammenhang: Der Schaden am Fahrrad ist nur deshalb entstanden, weil das Pferd den Fahrradfahrer umgeworfen hat. Das Verhalten des Tieres war somit die Ursache für den Schaden. Wäre der Schaden auch ohne Dazutun des Tieres entstanden, würde die Haftung des Halters hingegen entfallen.

Zudem muss die Handlung des Tieres „nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet“ sein, den Schaden herbeizuführen. Dieser sogenannte Kausalzusammenhang ist vorliegend gegeben, da durchaus eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht, dass ein durchbrennendes Pferd den Sturz eines Fahrradfahrers und somit einen Schaden an dessen Rad verursacht. Anders wäre dies beispielsweise, wenn der Fahrradfahrer sich beim Vorfall verletzt hätte, deshalb einige Zeit auf Krücken angewiesen wäre und mit diesen dann aus Versehen ein Auto beschädigen würde. Der Schaden am Auto wäre dann zwar ohne den Unfall mit dem Pferd nicht entstanden, jedoch keine „nach dem üblichen Lauf der Dinge“ zu erwartende Folge des Durchbrenners von Frau Gwerders Pferd.

Velounfall

Tierspezifisches Verhalten

Als letzte Voraussetzung muss das Verhalten des Pferdes sogenannt tierspezifisch gewesen sein, das heisst dessen Willen, Eigenart, Unvernunft oder Unberechenbarkeit entsprochen haben und aus eigenem Antrieb erfolgt sein. Ein solches tierspezifisches Verhalten liegt etwa vor, wenn ein Pferd ausschlägt, beisst oder scheut und dadurch jemanden zu Fall bringt oder verletzt. Ebenso wenn es sich (etwa aufgrund eines äusseren Ereignisses wie zum Beispiel einer vorbeifahrenden Eisenbahn, Strassenlärm oder Hundegebell) losreisst, um vor einer (vermeintlich) drohenden Gefahr zu flüchten, und dabei einen Schaden (etwa einen Verkehrsunfall) verursacht.

Kein tierspezifisches Verhalten und selbständiges Verhalten läge dagegen vor, wenn beispielsweise ein Saumpfad unter dem Gewicht eines Pferdes nachlässt, sodass das Tier abrutscht und einen unterhalb des Weges stehenden Wanderer verletzt. Das Verhalten von Frau Gwerders Copenhagen hingegen ist klar als tierspezifisch zu qualifzieren, da es für Pferde typisch ist, bei einer drohenden Gefahr zu flüchten.

Fazit

Weil somit alle gesetzlichen Voraussetzungen für die Haftpflicht des Tierhalters erfüllt sind, muss Frau Gwerder grundsätzlich für die Fahrradreparatur aufkommen. Wie aber die Kosten konkret zu verteilen sind, hängt vom Verschulden aller beteiligten Parteien, also auch des Geschädigten selbst, ab.

Begeht ein haftpflichtiger Pferdehalter durch seine schädigende Handlung gleichzeitig auch eine Straftat – beispielsweise eine Körperverletzung oder eine vorsätzliche, also eine mit Wissen und Willen begangene Sachbeschädigung – muss er sich zusätzlich zur Begleichung des Schadens auch noch in einem Strafverfahren verantworten. Merke:

Für die Haftpflicht des Tierhalters müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein: Schaden, Widerrechtlichkeit, Kausalzusammenhang und spezifisches Tierverhalten. Ein Verschulden des Tierhalters ist hingegen nicht erforderlich.

Dieser Fachartikel ist ein Auszug aus dem Ratgeber „Pferd im Recht transparent“:

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