Die Pferdeprofis. Die Sendung auf VOX mit unerzogenen Pferden lebt mit und durch die Figur Bernd Hackl. Der sympathische und authentische Bayer findet Anklang und Zustimmung bei fast allen Reitern jeglicher Couleur. Wie funktioniert richtiges Trainieren? Seine Antworten zum Thema »Trainieren und Horsemanship» sind informativ, verständlich und zeigen einen grossen Horseman.
Bernd Hackl
Der Pferdeprofi ganz persönlich
Die Pferdeprofis. Die Sendung auf VOX mit unerzogenen Pferden lebt mit und durch die Figur Bernd Hackl. Der sympathische und authentische Bayer findet Anklang und Zustimmung bei fast allen Reitern jeglicher Couleur. Wie funktioniert richtiges Trainieren? Seine Antworten zum Thema »Trainieren und Horsemanship» sind informativ, verständlich und zeigen einen grossen Horseman.
Durch das Interview führt Theres Misar, für das Schweizer Reitmagazins PASSION (Ersterscheinung PASSION 2/2021)
PASSION: Wie bringe ich ein Pferd dazu, mir zuzuhören?
Ein gut vorhandenes Körperbewusstsein, die eigene Balance und ein präsentes Auftreten sind, denke ich, die wichtigsten Grundeigenschaften, die ein Reiter und Pferdemensch mitbringen sollte. Zudem sollten wir mehr Zeit dafür aufwenden, unseren Pferden zuzuhören, um das richtige Timing zu entwickeln, die Lücken zu finden, in denen mir mein Pferd zuhören kann.
PASSION: In fast allen Bereichen des Breitensports gibt es neue Erkenntnisse und Trainingsmethoden, nur in der Pferdewelt wird an altem Wissen und widerlegten Mythen festgehalten, woran liegt das?
Ich sehe diesen Punkt komplett anders. Wir haben sehr viele neue Erkenntnisse, modernste Untersuchungen was die Bewegung, Arbeit der Muskeln, Zusammenspiel des Pferdekörpers usw. betrifft. Dennoch sind wir im Training eher rückschrittlich unterwegs. Es werden neue Gebisse entwickelt, hochstudierte Menschen geben sich allergrösste Mühe, das Training effektiv zu gestalten und vergessen dabei immer mehr das eigentliche Wesen der Pferde.
Diejenigen, die für die Pferde wirklich etwas verändern und eine andere Art von Training anwenden, greifen meist auf altes Wissen zurück. Menschen wie Bill und Tom Dorrance, Ray Hunt und Jean-Claude Dysli, um nur die Bekanntesten zu nennen, haben es geschafft in der Pferdewelt wirklich etwas zum Guten zu verändern.
Unter alten Methoden stellen sich viele Menschen einfach nur ein Knebeln, Fesseln und Draufhauen vor, ohne sich wirklich informiert zu haben. Der ursprüngliche Weg des «Horsemanship» ist eigentlich kein Trainingssystem, sondern vor allem eine innere Einstellung der Fairness zum Pferd. Vor allem in den Arbeitsreitweisen, in meinem Fall die Reitweise der Cowboys, die ihre Pferde nach wie vor auf den Weiden brauchen, ist eine ganz andere Beziehung zum Pferd zu finden. Es ist schwierig, diese Einstellung jemandem zu vermitteln, der Pferde nicht «lebt».
Irgendwie kommt es mir vor, als käme es zu einem tiefen Riss bei unserem Reitervolk. Zum einen jene, die ohne scharfe Gebisse, Gerte zum Draufhauen und Kraft kein Ziel erreichen. Diese Menschen bilden Pferde nicht aus, sondern richten sie für einen bestimmten Zweck ab. Auf der anderen Seite wiederum Menschen, für die alles schlimm ist. Gebiss ist schlimm, Sporen sind schlimm, Sattel ist schlimm, ein schwitzendes Pferd ist schlimm…alles schlimm.
Ein gutes Beispiel: Es gibt Pferde, die im Offenstall überfordert sind. Solchen Pferden wäre sehr damit geholfen, wenn ihre Besitzer objektiv beurteilen könnten, «wie geht es eigentlich meinem Pferd?». Unter Umständen wäre es besser, das Pferd um sieben Uhr morgens auf die Weide zu stellen und es abends um 20 Uhr in der Box zur Ruhe kommen zu lassen. In Ruhe fressen und behütet schlafen, um morgens in alter Frische das Herdenleben zu genießen.
Es wird pauschal ein Urteil gefällt und davon ausgegangen, dass dieses für jedes Pferd seine Gültigkeit hat. Immer mehr vermisse ich gesunden Menschenverstand und ein «Normal» im Umgang mit Pferden. Ich glaube das trifft den Nagel ziemlich auf den Kopf. Horsemanship bedeutet nicht Pferde auf Fingerzeig rückwärts um Tonnen rangieren zu lassen. Auch nicht ihnen die mittlerweile sehr beliebten Übungen Sitzen, Steigen und Ablegen beizubringen. Das sind einfach nur Zirkustricks, die mit dem Naturell der Pferde sehr wenig zu tun haben.
Natürlich kann man Übungen aller Art mit ins Training einbauen, aber nicht die Ausführung verschiedener Lektionen verdient die Bezeichnung Horsemanship, es ist der Weg, welcher zum Ziel führt. Horsemanship zeigt sich im täglichen Umgang zwischen Reiter und Pferd, unabhängig der gewählten Reitweise.
PASSION: Egal welche Reitweise oder Disziplin man einmal mit seinem Pferd betreiben möchte, gibt es für dich Basics, welche vorhanden sein sollten?
Die sinnvollste Basis, die meiner Meinung nach jedes Pferd haben sollte ist, es ohne Sattel reiten zu können. Nur mit Knotenhalfter im Schritt, Trab und Galopp, ohne Schwierigkeiten. Über die Disziplin, für die sich das Pferd eignet, sollte erst nachgedacht werden, wenn die Grundbedienung, also vorwärts, rückwärts, seitwärts, Schritt, Trab und Galopp ohne Sattel am Knotenhalfter möglich ist.
PASSION: Niemand kauft ein Auto, ohne vorher den Führerschein gemacht zu haben. Pferde können in allen Variationen von Rasse, Farbe, Geschlecht und Alter gekauft werden, ohne den Hauch einer Vorkenntnis vorweisen zu müssen. Wie können wir zukünftige Pferdebesitzer erreichen, bevor wir Szenen sehen wie in deiner Sendung?
Sinnvoll wäre es aus meiner Sicht, dass sich jeder Mensch darauf besinnt, lernen zu wollen. Das nötige technische Know-how ist natürlich wichtig. Noch wichtiger allerdings erachte ich den Punkt der psychischen Reife des Besitzers. Sich auf sein Pferd einzulassen wie auch das «Lernen wollen» – über und mit dem Pferd – ist immens wichtig.
Ich kollidiere ab und zu mit Besitzern, die ihre Pferde ins Training geben und denken, sie bräuchten selbst nichts dazu zu lernen. Jeder Reiter weiss, dass ein einziges Leben nicht reicht, um alles über Pferde zu wissen. Ich erwarte jedoch, dass jeder sein Bestes versucht, um seiner Verantwortung dem Lebewesen gegenüber gerecht zu werden.
PASSION: Wie nimmst du die aktuelle Pferdeszene wahr? Deine Sendung «Die Pferdeprofis» gibt es nun doch schon einige Zeit, bemerkst du dadurch ein anderes Verhalten bei den Pferdebesitzern?
Grundsätzlich unterliegt die Pferdeszene einem steten Wandel. Vieles hat sich zum Besseren gewendet, manches jedoch ist ins Extrem umgeschlagen. Unsere Sendung gibt es jetzt im 10. Jahr und ich freue mich über unzählige Rückmeldungen von Menschen, die den Punkt des «normal Werdens» rund ums Pferd verstanden haben. Keine Räucherstächen, keine Farb- oder Dufttherapie, keine Globuli oder Bachblüten und auch keine Medizin verändern das Wesen deines Pferdes.
Eine wirkliche Veränderung kommt aus gutem Training. Und der Ursprung der Zusammenarbeit mit dem Pferd findet immer den Anfang im Kopf und Herz des Besitzers. Jähzorn, Hass, übertriebenes Darstellungsbedürfnis haben in der Pferdewelt keinen Platz. Wer sich wirklich helfen lassen möchte, öffnet zuerst sein Herz und seinen Geist.
PASSION: Wo steht das Pferd in der heutigen Gesellschaft? Die Entwicklung verläuft stetig weg vom Arbeitspartner zum «Seelenverwandten, Einhorn und mythischen Wesen», welches auf keinen Fall Erziehung oder Anstand lernen muss.
Ich versuche mich aus dieser Vermenschlichung herauszuhalten. Auch wenn das bei manchen Anfragen nicht einfach ist, da man die Besitzer oft aus einer Art «Traumwelt» herausreisst. Ich komme aus der Arbeitswelt. Wir haben mit unseren Pferden Rinder eingefangen, Bullen kastriert, Brandzeichen gesetzt und je mehr wir einfach nur unseren Job gemacht haben, ohne verbissen an irgendetwas herumzuschrauben, desto mehr wurden wir von unseren Pferden bei der Arbeit unterstützt.
Mir ist zuallererst wichtig, dass mein Pferd ein zuverlässiger Arbeitspartner ist. Aus dieser Partnerschaft kann Freundschaft entstehen und aus Freundschaft kann Liebe werden. Wenn Freundschaft und Liebe nicht stattfinden, weil das Naturell meines Pferdes dies nicht zulassen kann, so habe ich immer noch einen zuverlässigen Arbeitspartner. Ich liebe Pferde, genau aus diesem Grund fällt es mir nicht schwer, sie mit ihren Eigenarten zu akzeptieren.
Ich glaube der Zwang bei manchen Menschen zu denken, ihr Pferd MUSS sie lieben, führt oft in die Sackgasse.
PASSION: Haben wir heute andere Pferde als noch vor ein paar Jahrzenten? Oder anders gefragt, sind einige Rassen «pflegeleichter», einfacher zu erziehen?
Ich bin ein absoluter Quarter Horse-Fan, da es den Züchtern gelungen ist über viele Jahre hinweg zuverlässige, in der Regel leichttrainierbare, athletische und wunderschöne Pferde zu züchten.
PASSION: Stichwort Verbände: hier sieht es oft so aus, als würden diese den aktuellen Entwicklungen hinterherhinken. Gerade was Erziehung und Bodenarbeit betrifft. Was ist deine Botschaft an die grossen Verbände?
Zum Thema Verbände möchte ich neutral bleiben, auch wenn mir das oft nicht leichtfällt. Was mir jedoch extrem auffällt, vor allem durch meine LIVE-Touren ist, dass viele Menschen, die seit Jahrzehnten in Verbänden tätig sind, nach Veranstaltungen auf mich zukamen und sagten, sie wussten nicht, wie leicht und spielerisch der Umgang vor allem mit jungen Pferden beim Anreiten ablaufen kann. Das gibt mir schon sehr zu denken, da es ja genau diese Menschen sind, welche den Nachwuchs und die Jugend in einem Verband formen und prägen.
PASSION: Trainer wie du, welche stark in den sozialen Kanälen vertreten sind, werden unsachlich und unfair kritisiert. Wir gehst du mit den zum Teil doch harten Kritiken um?
Respekt und Vertrauen steht bei mir im Umgang mit Pferden und Menschen an erster Stelle. So bin ich auch bemüht, mit Kritikern respektvoll umzugehen, auch wenn es mir manchmal nicht leichtfällt. Der Nachteil an den sozialen Netzwerken ist einfach, dass unter anderem auch Schüler der ersten Klasse Professoren weise Ratschläge erteilen. Ich halte mich an einen Spruch von Johann Wolfgang von Goethe:
«Urteile niemals über einen Menschen, an dessen Stelle du nicht standest.».
PASSION: Hast du Vorbilder?
Ja, meine Mutter, die für ihren Einsatz und ihr Engagement, Fremden dabei zu helfen Fuss zu fassen und ihnen dadurch ein Leben in Deutschland zu ermöglichen, eigentlich einen Orden verdient hätte.
Ausserdem ein junger Bullrider aus Amerika, J.B. Mauney, den ich seit seinen Anfängen beobachte. Seine Lebenseinstellung hat absoluten Vorbildcharakter. Er geht zielstrebig seinen Weg, lernt beim Unterwegssein dazu, ist fokussiert und lässt sich von seinem Ziel nicht abbringen. So mancher könnte sich davon eine Scheibe abschneiden.
Aber generell gibt es in meinem Leben viele Menschen in der Pferdewelt, zu denen ich aufblicke, auch wenn viele davon leider bereits gestorben sind.
PASSION: Wenn die berühmte Fee bei dir erscheinen würde und du drei Wünsche frei hättest, welche wären das?
Ein bisschen mehr Bescheidenheit auf der Welt, ein Quäntchen mehr Entschlossenheit für jedermann und mehr Frieden im Herzen für alle.
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