Feine Hilfen
Neben inneren Bildern und absichtsvollem Fokussieren ist der Atem eine der subtilsten Hilfen.
Text und Illustration: Denra DΓΌrr I Intelligent Reiten
Gibt man eine Hilfe oder Hilfenkombination verbunden mit dem Atem, wirkt sie auf das Pferd harmonischer und tiefer, und es kann sie leichter annehmen. Verbesserte DurchlΓ€ssigkeit ist die Folge.
Gleiches gilt fΓΌr den Sitz. Ist er „beatmet“, wird er dadurch lebendiger, durchlΓ€ssiger, fΓΌhlender.
Es gibt zwei Grundarten der Atmung, BRUSTATMUNG und BAUCHATMUNG.
Die Brustatmung
geschieht mit der Zwischenrippenmuskulatur und zeigt sich durch Atembewegungen im oberen Bereich des Brustkorbs, meist verbunden mit Einziehen des Bauches beim Einatmen. Dabei kommt es zu eher flachen, rasch aufeinanderfolgenden AtemzΓΌgen.
HΓ€ufig atmen wir so, wenn wir angespannt und gestresst sind. Tiefes, ruhiges Atmen ist dann kaum mehr mΓΆglich. Nicht umsonst haben die WΓΆrter „Angst“ und „eng“ die gleiche sprachliche Wurzel.
Die Bauchatmung
ist dagegen durch Auf- und Abbewegungen des Zwerchfells charakterisiert. ΓuΓerlich erkennbar ist sie an Atembewegungen im Bereich von Bauch, Flanken und unterem Rippenbogen in Form einer Weitung beim Einatmen.
Die Bauchatmung bringt Ruhe, entspannt den KΓΆrper und verhilft zu klarem Denken und FΓΌhlen. Deshalb sind Techniken wie Yoga, Tai Chi, Chi Gong oder Meditation, bei denen die Bauchatmung eine groΓe Rolle spielt, auch so wertvolle Praktiken, um wieder zu uns zu kommen, uns zu zentrieren und zu erden.
Das Pferd nimmt diese unterschiedlichen Atemweisen und die damit verbundenen ZustΓ€nde und Stimmungen wahr und reagiert darauf.
Kurzes, hektisches Atmen oder gar angehaltener Atem signalisiert dem Pferd Gefahr und kann es in Fluchtbereitschaft versetzen.
Ruhig und tief zu atmen vermittelt dem Pferd hingegen Sicherheit, eines seiner GrundbedΓΌrfnisse, um (los-)gelassen bleiben zu kΓΆnnen.
Da wir mit dem Atem auch auf das eigene Befinden Einfluss nehmen kΓΆnnen, sollten wir uns unseres Atems bewusst werden und ihn nutzen lernen. Dies ist nicht nur im Zusammensein mit unseren Pferden, sondern auch in vielen anderen Lebenslagen sehr hilfreich.
Beim Reiten nutze ich die Bilder vom Atmen im Kreis und vom Atmen in der Vertikalen.
Im Kreis atmen
Hier siehst Du einen Reiter in einem Kreis.

Die vordere KreishΓ€lfte veranschaulicht Raum und Richtung der Einatmung, also vor dem Reiter und von unten nach oben. Sie wirkt aufrichtend.
Hinter ihm befindet sich der Raum des Ausatmens, von oben nach unten verlaufend und dadurch in der Wirkung setzend.
Die Praxis
Um mit dieser Art des Atmens vertraut zu werden, ΓΌbe sie zuerst im Stehen oder auf einem Stuhl. Nutze auch hier die Kraft der Vorstellung.
Im Sattel empfehle ich, sie zu Beginn fΓΌr Γbergange von einer hΓΆheren in eine niedrigere Gangart (vom Schritt zum Halt, vom Trab zum Schritt, vom Galopp zum Trab) anzuwenden.
SpΓ€ter nutze diese Technik dann fΓΌr alle ΓbergΓ€nge, also auch alle halben Paraden innerhalb einer Gangart.
Und so gehst Du dabei vor:
1. VORBEREITUNGSPHASE
Um z. B. den Γbergang vom Trab in den Schritt vorzubereiten, atme wΓ€hrend der letzten 3 bis 4 Trabtritte ruhig und genussvoll durch die vordere KreishΓ€lfte nach oben ein. Richte Dich dabei innerlich ein wenig auf und werde so etwas leichter im Sattel.
Dies versetzt das Pferd in Bereitschaft.
2. DIE AUSFΓHRUNGSPHASE
Um den Γbergang vom Trab zum Schritt auszulΓΆsen, atme durch die hintere KreishΓ€lfte aus. Dabei schliessen sich die innere und Γ€ussere Bauchmuskulatur sowie die untere Rippenmuskulatur ein wenig. Gleichzeitig lasse Dein Gewicht wieder in Dein Becken und somit in den Sattel zurΓΌcksinken.
WICHTIG: Gerate dabei mit dem OberkΓΆrper nicht in RΓΌcklage,Β sondern verbleibe in Deinem inneren Lot.
In der vertikalen Atmen

Bei dieser Atemtechnik fliesst Dein Atem vertikal durch Dich hindurch,Β beim Einatmen Richtung Himmel und beim Ausatmen zurΓΌck zur Erde.Β Auch dabei schliessen sich die oben genannten Muskelgruppen sanft und stabilisieren Dein Sitzzentrum. Das ist entscheidend fΓΌr den Γbergang.Β Dazu dann mehr in einem spΓ€teren Blog zum Thema „halbe Paraden“.
Auch beim Atmen in der Vertikalen geschieht ein Aufrichten und Leichterwerden beim Einatmen und ein Loslassen und gewisses Schwererwerden beim Ausatmen.
WICHTIG: Bewahre dabei Deine innere Aufspannung.
Β Β Β Β Das Atmen im Kreis setze ich bei rΓΌckhaltigen Pferden ein, das Atmen in der Vertikalen dagegen eher bei eilenden Pferden.
Was geschieht in der Einatmungsphase beim Reiter?
- Er fokussiert seine Absicht und bringt sich in Bereitschaft.
- Es findet eine innere und Γ€ussere Aufrichtung statt.
- Er wird leichter im Sattel.
Und was beim Pferd?
- Es entsteht Aufmerksamkeit und Bereitschaft.
- Es findet ein erster Grad des Aufrichtens statt.
- Das Pferd wird aktiver und leichtfΓΌssiger.
Was geschieht in der Ausatmungsphase beim Reiter?
- Sein Gewicht sinkt zurΓΌck in den Sattel.
- Er setzt sich und ΓΌbertrΓ€gt dieses Gewicht in die Hinterhand.
- Es ist der Moment, den Γbergang aus der Hinterhand auszulΓΆsen.
Und was beim Pferd?
- Es erhΓ€lt Gewicht in die Hinterhand und setzt sich.
- Trag- und Federkraft werden aufgebaut.
- Diese Kraft in der Hinterhand entlΓ€dt sich kontrolliert in den Γbergang.
Dieser Vorgang ist eine Hilfe wie jede andere auch.
Sie ist also jeweils nur von kurzer Dauer und muss dann wieder aufgegeben werden. Falls nΓΆtig, wird sie erneut eingeleitet, ausgefΓΌhrt undΒ beendet.
Zusammenfassend:
Bewusstes Einatmen richtet Dich auf, macht Dich leichter im SattelΒ und versetzt Dich in Bereitschaft. Zugleich richtet es Dein Pferd auf,Β erhebt es und versetzt es in Bereitschaft.
Bewusstes Ausatmen lΓ€sst Dich tiefer einsitzen und bringt GewichtΒ in die Hinterhand Deines Pferdes. Diese wird vermehrt gebeugtΒ und schafft so beste Voraussetzungen fΓΌr den Γbergang.
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