Alle schreien nach pferdefreundlichem Umgang, doch leider ist es Fakt, dass das, was wir Menschen als pferdefreundlich empfinden, oft am Thema vorbei geschossen ist. Betrachtet man die Gesellschaft mal etwas genauer, so stellt man fest, dass pferdefreundlich sehr einschlägig und zielgeleitet von Illusionären, Kunstschaustellern und Zirkusmenschen geprägt ist.
Pferdeethologie
Die Pferdepsychologie in unserem Freizeitreiteralltag
Autorin: Jeannie Gerber
In meinem 12teiligen Studium in Pferdepsychologie widmeten sich die Dozenten Ăźber zwei ganze Kapitel dem Thema âPferdeethologieâ! Ein nach wie vor auffällig oft vergessenes Thema in der aktuellen Reiterszene. Also mĂśchte ich dieses doch mal in Erinnerung rufen!
Dass ich der Meinung bin, dass die Gesellschaft einen sehr verzerrten Blickwinkel zum Equid und dem Umgang mit ihm hat, das ist ja bereits offen bekannt. Doch ich finde es ist an der Zeit, wirklich auf das Thema Ethologie einzugehen und somit die Pferdepsyche zu betrachten.
Alle schreien nach pferdefreundlichem Umgang, doch leider ist es Fakt, dass das, was wir Menschen als pferdefreundlich empfinden, oft am Thema vorbei geschossen ist.
Betrachtet man die Gesellschaft mal etwas genauer, so stellt man fest, dass pferdefreundlich sehr einschlägig und zielgeleitet von Illusionären, Kunstschaustellern und Zirkusmenschen geprägt ist und die Menschheit Emotionen und Bildern hinterher jagt.
Das Belohnungsempfinden
Der Mensch, gehĂśrend zur Gattung der Raubtiere, hat ein ganz anderes Belohnungsempfinden wie das Equid, gehĂśrend zur Gattung der Beutetiere (Fluchttiere). Ein Beispiel diesbezĂźglich ist zum Beispiel das Belohnen mit Futter. Futterbelohnung ist ein Merkmal aus der Gattung der Raubtiere, die fĂźr ihr Ăberleben jagen und somit aktiv arbeiten mĂźssen. Eine Motivation, die dem Pferd vollkommen fehlt, da es unnatĂźrlich ist. Manchmal frage ich mich, warum der Mensch die Natur nicht einfach respektieren kann, sondern âNatĂźrlichkeitenâ ständig verändern und neu definieren mĂśchte, nur damit es ins neuzeitliche Weltbild passt.
Aber zurßck zum Thema Ethologie. Ein ganz besonderes Augenmerk mÜchte ich mal auf die Kommunikation und Signalisation der Pferde unter sich legen. Das Pferd ist eines der grÜssten Wunderwerke der Natur. Bis heute sind noch nicht alle Verhaltenszßge und Signalisationen der Pferde entschlßsselt und weiterreichend erforscht. Die Feinheiten und die Diversität in kleinsten Nuancen machen es fßr uns den Menschen als rassefremdes GeschÜpf unmÜglich, alles zu erkennen. Aber das versteht sich ja von selbst, wir sind eben Menschen. Es ist aber erwiesen, dass Pferde beispielsweise in verschiedenen Phasen der Druckintensität untereinander kommunizieren.
In Phasen bis zum Knall
Ein System des neuzeitlichen HorseManShips hat dies aufgegriffen und redet somit vom 4 Phasenprinzip. Dies versucht der Mensch richtigerweise in seiner Kommunikation einzubinden, doch mĂźssen wir uns einfach bewusst sein, dass wir der Schnelligkeit dieser Abfolge unter Pferden nie nachkommen werden. In vielen Stunden Beobachtung unserer interagierenden Herden ist es mir teilweise nicht mĂśglich gewesen, die unterschiedlichen Phasen stichfest zu bestimmen, denn diese folgten innert wenigen Sekunden aufeinander â bis zum deutlichen Knall. Ja, es knallt ganz oft und zwar heftig, wenn Pferde nicht blitzartig reagieren und sich dem ranghĂśheren Pferd unterordnen.
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Ja, ein Verhalten, dass der Mensch sowieso fßr vÜllig unnÜtig findet. Wieder ein Phänomen, dass der Mensch aus dem leistungs- und ßberlebensstarken Equid ein handzahmes Kleintier mit viel Kuschelfaktor machen mÜchte. Auch eine unschÜne Entwicklung von Illusionen und tollen Kinofilmen. Vielen tollen Imagevideos und dem perfekten Foto. Aber liebe Leser, ja die Momente gibt es, aber es gibt auch einen Weg zum schÜnen Foto und der wird wortwÜrtlich ausgeblendet.
Die Umgangsgepflogenheiten des Pferdes
Unser Ziel muss es sein, eine verlässliche und vertrauensvolle Beziehung zum Pferd aufzubauen. Dies geschieht aber nur in dem wir uns bestmÜglich in der Sprache, der Verhaltenskodexe und vor allem der Umgangsgepflogenheiten ausdrßcken und behaupten. Nur so wird uns das Pferd als Herdenmitglied, ranghÜheres Tier und mit Respekt akzeptieren und folgen.
Dazu mĂśchte ich das Beispiel von aktiver und passiver KĂśrperkommunikation nehmen. Wie bereits geschrieben, kommunizieren Pferde sehr fein untereinander. Ein Ohr drehen in die richtige Richtung der Leitstute und alle sind allarmiert – oder das rangtiefere Pferd, welches sich unangebracht nähert, weiss Bescheid und geht auf RĂźckzug, ohne die Situation weiter zu provozieren. Genau an diesen Punkt mĂźssen wir in unserem Umgang gelangen.
Eine selbstverständliche und geradlinige Kommunikation ohne Rumhampeln.
Das ranghĂśhere Tier bewegt sich immer weniger als das rangtiefere. Besonders eindrucksvoll erscheinen Menschen dann, wenn sie ein Pferd kontrollieren, ohne dass sie es durch Seil, Gerte oder sonstigem Hilfsmittel touchieren kĂśnnten. Dies sind Beispiele, die mir in letzter Zeit nie mehr begegnen.
Pferdetraining als Fitnessprogramm fĂźr den Reiter, ja perfekt. So hampeln und zappeln Menschen am Ende von Leitseilen und in Roundpens herum, als wĂźrden sie gerade das Montagmorgen-Televisionsturnen von ARD durchlaufen. Eine Ăźberdeutliche Kommunikation, sonst versteht uns das Pferd ja nicht! Ja, liebe Freunde â ich bin sicher, dass ihr mich einwandfrei versteht, wenn ich Euch meine Worte direkt ins Ohr schreie, nur so gelangen diese tief ins Hirn!
Es geht auch ohne viel Rumps
Um das mal deutlich auszudrßcken; viele beginnen ihr Pferdetraining oder die ersten Schritte in der NaturalHorseManShip gleich mal in Phase 3. Viel Rumps muss her, ßbrigens auch ein Phänomen beim Reiten. Viel Druck, klare Verständigung, unßbersehbare KÜrpersprache. Ja natßrlich gebe ich Euch recht, dass das Pferd sofort darauf reagiert! Das steht nämlich da und denkt sich, was tut der da?
Schnell weg hier, bevor der explodiert.
Aber eins kann ich Euch garantieren: als verlässliche Kompetenz werdet Ihr nicht rĂźberkommen! ZurĂźck zu meinem Bespiel mit dem Ohr, ich vermute, Ihr werdet erschrocken wegzucken, weil viel zu laut â vermutlich werdet Ihr zukĂźnftig nicht mehr so nah zu mir kommen, denn man will ja keinen Schaden nehmen!
Das Pferd ist mit seinen Fähigkeiten von Auge, Ohr und weiteren Sinnen so gut ausgestattet, dass wir Menschen sowieso grundsätzlich und ganz einfach klein mit Hut sind. Ihr werdet nun denken, dass es wichtig ist, sich deshalb Respekt zu verschaffen? Ja natĂźrlich, aber den erreiche ich mit Ruhe, mit Ăberlegenheit und mit feinen Hilfen, deutlichen, aber flachgehaltenen Signalisationen â so, dass mir immer die MĂśglichkeit bleibt, eine Schippe draufzupacken, bevor ich im totalen Exzess enden muss, weil gar nichts mehr hilft.
Oftmals verausgaben sich SchĂźler von mir in den Stunden und sind nach wenigen Minuten mit ihren Kräften am Ende. Auch eine sehr gute Signalisation gegenĂźber dem Pferd: âOh Mist, der ist nicht mal in der Lage wegzulaufen!â Die lahmen, langsamen, angeschlagenen Gäule ohne Kondition fallen Ăźbrigens den Raubtieren zum Opfer und nicht das schnelle, starke, ausdauernde Pferd.
KĂśrpersprache
Man redet von bewusster und unbewusster KĂśrpersprache. Zur unbewussten KĂśrpersprache gehĂśren die Faktoren Atmung, Herzfrequenz, Adrenalin und weitere AusschĂźttungen von Stress- oder anderen Hormonen (Endorphine: GlĂźckshormone).
Nun zurßck zu meinem Beispiel. Der Mensch, hechelnd, hochrot und ausgepowert mit hohem Adrenalinspiegel neben dem ruhigen Pferd; Da läuft was mächtig schief, liebe Freunde. Am schÜnsten ist dann das Bild, wenn das Pferd zum Trainierenden tritt und mal nachschaut, ob bei ihm alles in Ordnung ist. Nein, liebe Leute, das ist keine freundschaftliche Geste und schon gar keine Bestätigung fßr Eure gute Arbeit. Das gehÜrt zur Natur der Pferde, da sie sehr sozial sind und sich um Herdenmitglieder kßmmern. Weiterfßhrend auch eine Art zu prßfen, ob das Tier noch fähig ist, in der Herde mitzulaufen.
Eine Auszeichnung fßr Eure qualifizierte Fßhrungsrolle ist jene, wenn das Pferd erkennt und gelernt hat, dass es bei Euch an Eurer Seite in die komfortablere Lage (Sicherheit, Zuverlässigkeit, Ruhepause, etc.) kommt und sich so entscheidet, die Nähe zu Euch zu suchen. Nett anfragend und mit wohlwollendem, freundlichem Gesichtsausdruck auf Euch zulaufend. Während Ihr derweil gelassen, mit ruhigem Puls und relaxt dasteht.
Liebe Leser, dies ist nur ein kleiner Einblick in die Tiefen der Pferdebeziehungs-Kommunikation – oder eben oberflächlich Psychologie genannt.
So erlaube ich mir, Euch den Rat ans Herz zu legen, die Ethologie der Pferde tiefer zu ergrĂźnden:
Zieht die langweiligen Naturdokus mit verhaltenspsychologischen Inhalten (in dem die Pferde schmutzig sind) den schĂśnen Emotions-Onlineseminaren vor!
Und natĂźrlich stehen auch wir Euch fĂźr Weiterbildungsseminare zur VerfĂźgung. Mehr Infos dazu findest Du auf RanchSchooling.
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