Der korrekte Umgang mit Pferden beruht vor allem auf der Eigenverantwortung und dem Wissen der Tierhalterinnen und Tierhalter. Nur motivierte und gut informierte Personen sind in der Lage, die Ziele des Tierschutzrechts richtig umzusetzen. Als Pferdhalter sieht man sich aber nicht nur mit den Vorschriften der Tierschutzgesetzgebung, sondern auch noch mit unzähligen weiteren Bestimmungen aus den verschiedensten Rechtsbereichen konfrontiert.
In der Schweiz leben über 110’000 Pferde, Ponys und Esel
Autor: Gieri Bolliger, Geschäftsleiter TIR
Für viele von ihnen sieht die Realität allerdings traurig aus: Sie leben unter nicht artgerechten Bedingungen, was häufig auf die fehlende Sachkunde und Sensibilität ihrer Halter zurückzuführen ist. Zudem leiden viele Freizeit- und Sportpferde unter dem übertriebenen Ehrgeiz ihrer Reiter. Dennoch kommt es gerade im Bereich des Pferdesports – sowohl auf Profi- als auch auf Amateurebene – kaum je zu Verurteilungen wegen Verstössen gegen das Tierschutzrecht, wie die neuste Analyse der Schweizer Tierschutzstrafpraxis von der Stiftung für das Tier im Recht (TIR) zeigt.
Grundvoraussetzung dafür, dass das Tierschutzrecht seine schützende Wirkung für Pferde, Ponys und Esel entfalten kann, ist, dass die Halter der Tiere die entsprechenden Vorschriften auch tatsächlich kennen. Um einen Beitrag hierzu zu leisten und Pferdehaltenden eine Hilfestellung bei weiteren pferderelevanten Rechtsfragen zu bieten, hat die TIR den umfassenden Praxisratgeber “Pferd im Recht transparent” verfasst.
Dr. iur. Gieri Bolliger
Unzureichende Verfolgung von Tierquälereien an Pferden
Die aktuelle TIR-Analyse der Schweizer Tierschutzstrafpraxis belegt, dass bei der Umsetzung des strafrechtlichen Tierschutzes im Zusammenhang mit Pferden, Ponys und Eseln erhebliche Defizite bestehen. So wurden in den vergangenen fünf Jahren landesweit lediglich 299 Strafverfahren wegen an Equiden begangenen Tierschutzdelikten durchgeführt. Dies entspricht einem Durchschnitt von 60 Verfahren pro Jahr – also gerade einmal 2.3 pro Kanton. Bei einer so tiefen Zahl muss angesichts der etwa 110’000 in der Schweiz gehaltenen Pferde und der Tatsache, dass der Umgang mit diesen Tieren äusserst anspruchsvoll ist, von einer sehr hohen Dunkelziffer nicht geahndeter Vorstösse ausgegangen werden.
Tierschutzrecht wird schlicht nicht umgesetzt
Auffallend ist insbesondere, dass kaum je ein Strafverfahren wegen Tierquälerei im Pferdesport – zu dem auch das Hobby- und Freizeitreiten zählt – durchgeführt. wird. 2014 gab es kein einziges entsprechendes Verfahren, obwohl aufgrund des Ehrgeizes vieler Reiter, einer fehlenden Ausbildungspflicht und der teilweise mangelnden Sensibilität hinsichtlich der Bedürfnisse der Pferde gerade deren sportliche Nutzung ein erhebliches Gefährdungspotential für die Tiere bringt. Dies legt den Schluss nahe, dass das Tierschutzrecht im Bereich des Pferdesportes schlicht nicht umgesetzt wird.
Misshandlungen bleiben leider meist ungestraft
Um diesen Missstand zu beheben, bedarf es der Mitwirkung sämtlicher beteiligter Akteure. Leider zeigt die langjährige Erfahrung der TIR, dass Zeugen von Tierquälereien im Pferdesport aus Angst vor Repressionen meist vor einer Meldung an die zuständigen Behörden zurückschrecken, weshalb diese oftmals gar keine Kenntnis der betreffenden Vorfälle erhalten.
Es darf jedoch nicht toleriert werden, wenn Reiter ihre Pferde aus sportlichem Ehrgeiz misshandeln und überanstrengen, ohne hierfür zur Rechenschaft gezogen zu werden. Gesetzesverstösse müssen daher konsequent zur Anzeige gebracht werden.
Pferd im Recht transparent
Der korrekte Umgang mit Pferden beruht vor allem auf der Eigenverantwortung und dem Wissen der Tierhalterinnen und Tierhalter. Nur motivierte und gut informierte Personen sind in der Lage, die Ziele des Tierschutzrechts richtig umzusetzen. Als Pferdhalter sieht man sich aber nicht nur mit den Vorschriften der Tierschutzgesetzgebung, sondern auch noch mit unzähligen weiteren Bestimmungen aus den verschiedensten Rechtsbereichen konfrontiert.
Aus diesen Gründen hat die TIR in Zusammenarbeit mit dem Schweizer Nationalgestüt von Agroscope in Avenches den Praxisratgeber “Pferd im Recht transparent” verfasst. dieser soll als Kompass im Paragrafen-Dschungel dienen, indem er alle wichtigen Alltagsfragen zum Pferd im Recht verständlich und praxisnah beantwortet. Rund 500 übersichtlich gegliederte Einzelfragen behandeln in zwölf Hauptkapiteln das gesamte Spektrum von der Anschaffung eines Pferdes bis hin zu seinem Tod. Thematisiert werden unter anderem die tierschutzrechtlichen Pflichten des Pferdehalters, tierrelevante Aspekte des Kauf-, Haftpflicht-, Raumplanungs- und Erbrechts, Fragen zur Pferdezucht, zum sportlichen Einsatz von Pferden und zu Berufen rund um das Pferd sowie typische Probleme in der Pferdepension, mit dem Tierarzt oder beim Transport von Pferden. Zahlreiche praktische Hinweise zum richtigen Vorgehen in Pferdenotfällen, bei der Meldung von Tierquälereien, bei zivilrechtlichen Streitigkeiten etc. sowie ein umfassender Infoteil mit Musterformularen und hilfreichen Adressen runden den Ratgeber ab.
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