Was ein guter Stall kosten darf
und wieso billig selten gut ist
Mit freundlicher Genehmigung vom Ausbildungsstall Eisenhauer
Man liest es derzeit vermehrt in sämtlichen Pferdegruppen: „Was zahlt ihr an Stallmiete?“ Dabei kommen die skurilsten Kommentare. Von 200€ Für Vollpension, über die sich keine wundert, über 250€, die einige für „Waaas? So teuer?“ halten, bis hin zu Preisen um CHF 1000 (rund 900€) die in der Schweiz ganz normal sind. Immer wieder kommt auch die regionale Frage auf. Offenbar sind viele der Meinung, dass Leistung im östlichen Dorf nichts kosten darf, in der westlichen Großstadt hingegen schon.
Doch was ist wirklich gerechtfertigt? Was darf, muss und soll ein guter Stall kosten und wie setzen sich die Kosten zusammen?
Pensionskosten setzen sich aus 3 Hauptfaktoren zusammen. Dem Mietanteil, dem Futteranteil und dem Dienstleistungsanteil. Widmen wir uns zunächst ersterem.
Der Mietanteil
Er setzt sich aus den Kosten für Grundstückskauf/-Pacht, Erstellung der Stall- und Reitanlage, Instandhaltung, Verbrauchskosten wie Strom und Wasser sowie Versicherung und Mistentsorgung zusammen.
Die Preise für Kauf/Pacht von Boden ist tatsächlich regional sehr unterschiedlich. Pacht fällt in der Regel eher für fertige Stallanlagen und Grünland an. Selten wird bebaubares Land verpachtet und darauf für mehrere hunderttausend gebaut. Um hier keine zu extremen Schwankungen einzubauen, gehe ich mal davon aus, dass einem das Grundstück bereits (zB durch Erbschaft oder früheren Erwerb) gehört.
Die Erstellung einer Reitanlage hängt natürlich auch von zahlreichen Gegebenheiten ab. Wird alles neu gebaut oder womöglich nur alte Gebäude (zB aus Kuhhaltung) umgebaut. Bei zweiterem sind oftmals massive Sanierungsarbeiten nötig, sodass es nicht wirklich günstiger wird. Gleichzeitig kann man sehr einfach oder auch sehr aufwändig bauen. Rein aus Holz, mit Metalleinsätzen z.B. als Verbissschutz oder mit schlüsselfertigen Trennelementen.
In der folgenden Berechnung gehe ich jeweils von Durchschnittspreisen professionell erbauter Anlagen aus, d.h. Keine zusammengeschusterten Baracken, sondern ordentlicher Aufbau, der auch Jahre nach Erbauung noch hält.
Kosten für Gebäudeerstellung und Instandhaltung
Stallanlage incl. Sattelkammer und Futterlager / Pro Pferd ~ 10.000 €
Abschreibung 3% = 300€/Jahr
Instandhaltung 1,5% = 150€/Jahr
Kosten pro Pferd / Jahr = 450 €
Reithalle 20x40m mit Reitboden und Bewässerungsanlage / Baukosten: 200.000 €
Abschreibung 3% = 6000€/Jahr
Instandhaltung 3% = 6000€/Jahr
Austausch Tretschicht alle 10 Jahre 10.000 €
Reitplatz 20x40m mit Reitboden und Umzäunung / Baukosten: 30.000 €
Abschreibung 3% = 900€/Jahr
Instandhaltung 3% = 900€/Jahr
Austausch Tretschicht alle 10 Jahre 10.000 €
Abschreibung: 6900 €/Jahr
Instandhaltung: 6900 € / Jahr
Tretschichtaustausch: 2000 € / Jahr
= 15800€ / Jahr
Bei 30 Pferden = 527€/ Pferd / Jahr
Stallanlage + Reitanlage = 977€/Pferd / Jahr = 81€ pro Pferd und Monat
Weiter geht es mit dem Auslauf:
Paddocks
pro Pferd 100qm
etwa 30€/qm = 3000€
Abschreibung 3% = 90€/Jahr
Austausch Tretschicht etwa alle 5 Jahre = 500€ = 100€/Pferd/Jahr
Umzäunung Holz/Elektrozaun je 2-reihig ~ 350 € / Pferd
Austausch Zaunmaterial etwa alle 7 Jahre = 50€/Pferd/Jahr
= 90 + 100 + 50 = 240€/Pferd/Jahr
= 20€ / Pferd / Monat
Weiden
pro Pferd 5000qm
Pacht etwa 150€/Jahr
Pflege etwa 75€/Jahr
Umzäunung Elektrozaun 3-Reihig ~ 400€
Austausch Zaunmaterial etwa alle 7 Jahre = 57€/Pferd/Jahr
= 150 + 75 + 57 = 282 €/Pferd/Jahr
= 24€ / Pferd / Monat
Macht weitere 44€/Monat
Macht pro Pferd und Monat schon mal eine Kaltmiete von 125 € aus. Hinzu kommen nun Verbrauchskosten pro Pferd:
Strom 15 €
Wasser 15€
Mistentsorgung 10€
Versicherung 10€
Weiter geht’s mit dem Futteranteil
Heu / Stroh
Hier kommt es natürlich sehr darauf an, wie viel Heu/Stroh/Kraftfutter inclusive ist. In einem normalen Stall sollten für ein Warmblut mindestens 10kg Heu pro Tag inclusive sein. Im Sommer bei Weidegang weniger, im Winter mehr. Stroh fallen mindestens 5kg/Tag an.
Der Einkaufspreis für Heu liegt je nach Region und Jahr bei 110 bis 200€ pro Tonne. Für Stroh bei 80 bis 160€ pro Tonne.
Ausgehend von einem Tagesverbrauch von 10kg Heu und 5kg Stroh kommen wir pro Monat also auf 45 bis 108 €. Macht im Durchschnitt 77€/Monat.
Wird nun Heu ad libidum gefüttert und nicht am Stroh gespart, so schaut es gleich anders aus. Hier liegen wir bei einem Verbrauch von etwa 15kg Heu und 8kg Stroh pro Tag.
Bei einem Durchschnittseinkaufspreis kommen wir also auf ganze 100€ pro Monat nur für Heu und Stroh.
Kraftfutter
Weiter geht es mit dem Kraftfutter. Hafer in guter Qualität kommt auf etwa 50cent/kg bei Sackware. Lose Ware sollte nur bei entsprechender Lagermöglichkeit (verschlossenes Silo) erworben werden, andernfalls ist das Risiko der Verunreinigung durch Mäusekot und ähnliches zu hoch.
Bei 1kg Hafer/Tag sind das also ganze 15€/Monat.
Handelsübliche Pellets/Müslis, welche aus gesunden Bestandteilen und nicht aus ungesunden Abfallprodukten bestehen, liegen deutlich höher, bei mindestens 0,75 bis 1,25 pro KG. Macht bei 1kg täglich schon 30€/Monat. Leider liegen die Pellets/Müslis, die in Pensionsställen gefüttert werden, oft bei gerademal 35cent/kg – entsprechend ist leider auch der Müll an Bestandteilen.
Rechnen wir nun einen Durchschnitt von 1 Schippe Hafer und 1/2 Schippe Müsli pro Fütterung so sind dies rund 1kg Hafer und 0,8kg Müsli täglich, ergo rund 39€ pro Monat.
Der Futteranteil liegt somit bei einer guten und gesunden Versorgung des Pferdes mit hervorragender Qualität und ausreichender Menge bei etwa 130€/Monat.
Damit sind wir schon mal bei 300€/Monat für die Unterbringung in einem gepflegten Stall mit entsprechender Reitausstattung ohne jegliche Serviceleistungen!
Kommen wir zum letzten Teil.
Der Dienstleistungsanteil
Ob nun Angestellte den Job erledigen oder der Stallbetreiber selbst – Mindestlohn sollte es mindestens sein! Incl. Lohnnebenkosten fallen minimum 12€ pro Stunde an. Schauen wir uns also einmal an, wie viel Zeit für welche Leistung anfällt.
Füttern 2x tgl. Heu + Kraftfutter etwa 5 Minuten pro Tag = 1€/Tag = 30€/Monat
Misten incl. Nachstreuen und Kehren etwa 10 Minuten pro Tag = 2€/Tag = 60€/Monat
Raus/Reinbringen auf Paddock/Koppel bei Boxenhaltung je nach Koppelentfernung etwa 10 Minuten pro Tag / 2 Pferde bei gleichzeitigem Führen = 1€/Tag = 30€/Monat
Abäppeln der Paddocks etwa 5 Minute pro Tag = 1€/Tag = 30€/Monat
Anlagenpflege (Reithalle, Reitplatz, Außenanlage, Ernteeinlagerung usw.) etwa 2 Stunden täglich (pro Pferd etwa 5 Minuten) = 1€/Tag = 30€/Monat
Macht bei Vollpension pro Pferd und Monat etwa 180€ bei Mindestlohn!
Zusammen mit dem Miet- und Futteranteil kommen wir also auf satte 480€/Monat. Selbst wenn wir nun den geringsten Futteranteil nehmen und damit rechnen, dass die Einsteller ihre Paddocks selbst abäppeln müssen sind wir immer noch bei 380€/Monat.
Ihr seid etwas geschockt über die Höhe des wirtschaftlichen Pensionspreises? Dann setzt euch besser, denn eines ist noch nicht einberechnet: Die Umsatzsteuer von 19%.
Macht aus 380€ satte 452€ und bei 480€ sogar ganze 571€!
Und nun gibt es immer noch Leute, die sich wundern, dass sie für unter 300€ pro Monat demotivierte Stallbetreiber, unzureichende Futterqualität/-Menge, schlechte Dienstleistung und ungepflegte Reitanlagen vorfinden. Natürlich darf genau das niemals vorkommen. Man muss investieren, um hohe Preise verlangen zu können, man muss aber auch hohe Preise verlangen, um investieren zu können.
Und dabei ist es vollkommen egal, ob es sich um Offenställe oder Boxen handelt – wenn Pferde im Matsch versinken oder sich die Beine in den Bauch stehen, ist beides nicht akzeptabel. Egal, ob nun die Paddockbefestigung oder der Rausbringservice fehlen. Stimmt hingegen alles, so fühlen sich Pferd und Reiter gleichermaßen wohl.
Viel Futter guter Qualität und eine gepflegte Anlage mit zuverlässigem Service bei ganztags Auslauf und viel frischer Luft MUSS IMMER der Fall sein – dafür müssen aber Stallbetreiber und Einsteller gleichermaßen aufwachen und bereit sein, angemessene Preise zu verlangen und zu zahlen! Vollkommen egal, ob man nun im östlichsten Dorf oder in der westlichen Großstadt lebt.
Leistung kostet. Gutes Futter auch. Und Zufriedenheit fällt nicht vom Himmel.
0 Kommentare