Was Pferde nicht fressen sollten
Erschienen in PASSION 01/24 von Muriel Willi
Binden Sie Pferde nicht an Bäumen oder Sträuchern fest, sie könnten für die Tiere giftig sein. Manchmal reicht schon ein Maul voll (eine geringe Menge) bei einem Ritt oder Spaziergang, für eine ernsthafte Vergiftung. Pferde reagieren von allen Haustieren am sensibelsten auf Giftpflanzen, hinzukommt, dass sie stets neugierig und hungrig sind und daher gerne mal die eine oder andere Giftpflanzen anknabbern oder fressen. Es gibt bei den Pferden aber durchaus Unterschiede; die einen verschmähen Giftpflanzen, andere wiederum fressen sie. Es sind insbesondere die jungen Triebe von Pflanzen, die noch keine Bitterstoffe gebildet haben, die den Pferden, obwohl giftig, dennoch schmecken. (Somit ist das Mähen, insbesondere vom Jakobs-Greiskraut und Hahnenfuss der falsche Weg, denn durch das Mähen treiben die Pflanzen wieder junge Triebe aus.)
Passion möchte dem eine Serie widmen, welche saisonal aufzeigen soll, auf welche Pflanzen man achten sollte. Wir starten hier mit den Pflanzen, welchen man im Winter Beachtung schenken sollte.
Adlerfarn (Adlerfarngewächse)
Bestimmungsmerkmale:
Der Adlerfarn hat hellgrüne, derbe Blätter, die zweifach gefiedert sind. Die Blattfläche ist bogenförmig geneigt, der Blattrand eingerollt. Der Farn wird bis zu 2 m hoch.
Standort und Verbreitung:
Man findet den Adlerfarn in Mitteleuropa häufig an Waldrändern und in lichten Wäldern.
Giftstoffe, Wirkung und Symptome:
Die gesamte Pflanze ist giftig, der höchste Gehalt an Wirkstoffen findet sich in den jungen Blättern. Auch nach dem Trocknen behält die Pflanze ihre Giftwirkung. Die Giftstoffe sind das Enzym Thiaminase, Blausäureglycoside und ein Saponin (Pteridin). In einigen Gebieten der USA, in Japan und Neuseeland wird der Adlerfarn jung als Wildsalat gegessen. Dies kann die Ursache dafür sein, dass es in diesen Gegenden ein erhöhtes Auftreten an Tumoren gibt; ebenso werden ein verstärktes Auftreten an Speiseröhren und Magenkarzinomen in Japan damit in Verbindung gebracht.
Ein weiterer giftiger Farn ist der Wurmfarn.
Tiergiftig:
Adlerfarn ist giftig für Pferde. Eine Vergiftung bei Pferden zeigt sich durch eine Vitamin B1-zerstörende Wirkung, verantwortlich dafür ist das Enzym Thiaminase. Es entstehen zentralnervöse Störungen, Störungen im Bewegungsablauf sowie motorische Störungen. Eine Menge ab 2 Kg über einen Zeitraum von 30 Tagen gefressen kann für Pferde tödlich sein.
Jakobs-Kreuzkraut, Jacobs-Kreuzkraut, Jakobs-Greiskraut (Korbblütler)
Bestimmungsmerkmale:
Das Jakobs-Kreuzkraut wächst 30 – 120 cm hoch (in Ausnahmen auch deutlich höher), trägt gelbe Blütenköpfchen mit 13 Zungenblüten, die in aufrechten Doldentrauben stehen. Die Stängelblätter der blühenden Pflanzen haben schmale lanzettliche und gezähnte Fiederblätter (Blatt aus mehreren getrennten Blättchen) Die einjährigen Blattrosetten haben diese Fiederblätter noch nicht, ihre Blätter sind gebuchtet. Der Stängel ist oft rötlich-braun überlaufen. Details sehen Sie hier. Blütezeit ist Juni – Oktober. Weitere ebenfalls giftige Greiskräuter sind das Gemeine Kreuzkraut (Senecio vulgaris), das Fuchs-Kreuzkraut (Senecio ovatus), das Wasser-Kreuzkraut (Senecio aquaticus), das Alpen-Kreuzkraut (Senecio alpinus), das Schmalblättrige Kreuzkraut, das aus Afrika eingeschleppt wurde und noch spät im Jahr blüht, aber auch noch andere Arten.
Standort und Verbreitung:
Die Pflanze wächst an Wegen und Rainen; man findet sie an Waldrändern und Gebüschen und auf Wiesen und Weiden. Das Jakobs-Kreuzkraut bevorzugt lehmige Tonböden mit mässigem Stickstoffgehalt, ist aber sonst recht anspruchslos. Jakobs-Kreuzkraut ist eine Pflanze die möglicherweise auch vom Klimawandel profitiert und sich immer weiter ausbreitet.
Ein einziges Jakobs-Kreuzkraut produziert bis zu 150.000 Samen. Das Kreuzkraut siedelt sich nur in Lücken von Grasnaben an und wird gewöhnlich vom dichten Untergräsern und Kräutern unterdrückt.
Tiergiftig:
Das Jakobs-Kreuzkraut ist vermutlich für alle Haustiere giftig. Bei akuter Vergiftung in hohen Dosen tritt beim Pferd die so genannte Seneziose oder “Schweinsberger Krankheit” auf. Diese zeigt sich durch Magen- und Darmbeschwerden, blutigem Durchfall, Verstopfung, Krämpfen und schwerer Leberschädigung bis zum Tod. Die Symptome sind weiterhin Appetitlosigkeit, häufiges Gähnen, beschwerliches Atmen, Gewichtsverlust, Lecksucht und auch Erblinden. Es kommt zum Krankheitsbild des „Walking Desease“, das sich in ziellosem Umherirren, Taumeln und Schleifen der Hufe zeigt. Die Pferde werden regelrecht wahnsinnig, laufen gegen Wände und Zäune und sind oft nicht zu bändigen. Teilweise ist es kaum oder gar nicht möglich den Pferden die erlösende Giftspritze zu setzen. Eine Heilung beim Walking Disease ist nicht möglich, es bleibt nur die Erlösung des Tieres. Bei leichteren oder schnell erkannten Vergiftungsfällen können Magenspülungen in der Tierklinik helfen.
Man kann davon ausgehen, dass bei einem Pony die tödliche Dosis an frischem Kreuzkraut bereits nach der Aufnahme von 4 Kg und an getrocknetem Kreuzkraut von 0,5 Kg erreicht sein kann. Bei kleineren Pferden (z. B. Isländer, Haflinger, Lewitzer) beginnt die tödliche Menge an frischem Kraut bei 14 Kg, bei getrocknetem bei 2 Kg. Bei Großpferden fängt die tödliche Dosis mit 20 Kg an frischem Kraut an und bei getrocknetem mit 3 Kg. Es kann aber auch sein, dass eine tödliche Vergiftung erst nach Aufnahme der doppelten Mengen einsetzt. Dies ist von Pferd zu Pferd sehr unterschiedlich. Es reicht aus, dass die Pflanzen in kleinen Portionen über einen längeren Zeitraum gefressen werden, da sich die Abbauprodukte der Alkaloide in der Leber anreichern. Am gefährlichsten sind die Pflanzen getrocknet im Heu oder in der Silage, dort schmecken sie auch nicht mehr bitter.
Bei einer chronischen, also langsamen Vergiftung, ist in jedem Fall mit Leberschädigung, Krebs, Schädigung der Fruchtbarkeit und des Erbguts, bei starker Vergiftung auch mit Schädigung des zentralen Nervensystems, der Lunge und der Nieren zu rechnen. Die getrockneten Stängel des Jakobs-Kreuzkrautes sind nur schwer im Heu erkennen, manchmal sieht man sie an ihrer roten Farbe, es gibt aber auch getrocknete Pflanzen, die die gleiche Farbe wie das Heu haben. Eine Vergiftung zeigt sich nach wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten. Aber die Dunkelziffer ist garantiert viel höher. Eine Vergiftung mit den Pyrrolizidinalkaloiden ist nur über eine Obduktion nachweisbar. Somit sind sicher viele Pferdebesitzer der Meinung, ihr Tier wäre an einer Kolik verendet, in Wirklichkeit war es das Jakobs-Kreuzkraut, wie in der Schweiz eine Gruppe Islandpferde am Kreuzkraut gestorben ist.
Im Falle einer Vergiftung
- Ruhe bewahren
- Pflanzenteile aus dem Mund entfernen
- Pflanzenteile zur Bestimmung aufheben
- kein Erbrechen auslösen
- Notarzt rufen
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