Let’s talk about Sex, Baby
Sex auf der Weide. Zuschauen, Wegsehen oder gar Handeln? Unsere Ethologin packt ein Thema an, über welches selten gesprochen wird.
Gehst Du Reiten oder gehst Du zu Deinem Pferd? Diese Frage mag auf den ersten Blick banal wirken. Sie ist es aber ganz und gar nicht. Denn die Antwort gibt einen wichtigen Hinweis darauf, wie wir Pferde betrachten.
Für das zweite 4my.horse Magazin haben sich unsere Autoren Gedanken darüber gemacht, was der Begriff ‘pferdegerecht’ für sie bedeutet.
Autorin: Patricia Wegmann
Diese Frage mag auf den ersten Blick banal wirken. Sie ist es aber ganz und gar nicht. Denn die Antwort gibt einen wichtigen Hinweis darauf, wie wir Pferde betrachten.
Vermutlich würdest Du die Frage, weshalb Du ein Pferd hast, schnell und ohne lange nachzudenken wie folgt beantworten:
Weil ich sie liebe UND weil ich gerne reite.
Schnell wird spürbar, dass gerade das Reiten mit dieser Liebe eng verknüpft zu sein scheint. Reiten ist auch tatsächlich etwas ganz wundervolles, ohne Frage. Doch werden wir unseren Pferden gerecht, wenn wir sie darauf reduzieren? Wenn wir vielleicht sogar so weit gehen, dass wir unsere Liebe zu ihnen vom Reiten abhängig machen?
Heute wissen wir, dass Pferde von Natur aus nicht dafür geschaffen wurden, geritten zu werden. Wir können sie im Rahmen einer sinnvollen Gymnastizierung jedoch dafür trainieren. Und doch sehe ich noch immer so viele
Pferde, die körperlich gar nicht in der Lage sind, einen Reiter schmerzfrei zu tragen. Sei es, weil sie alt oder anderweitig körperlich geschwächt sind, weil sie schlecht oder gar falsch trainiert werden, weil das Material nicht passt, der Reiter zu schwer ist oder die Reiteinheiten schlichtweg zu lang sind. Dennoch wird auf diesen Pferden scheinbar achtlos weiter geritten.
Und da frage ich mich:
So manches Pferd verliert spätestens dann komplett an Wert, wenn es als unreitbar gilt. Unreitbare Pferde, die aber durchaus noch ein glückliches Leben als Pferd führen könnten, werden teilweise wie schmutzige Socken ausgetauscht oder gar weggeworfen.
Wir haben uns in den letzten Jahrzehnten – ja vielleicht sogar Jahrhunderten – eine Pferdewelt erschaffen, in der es viel zu selten um das eigentliche Wesen des Pferdes an sich geht. Um das Individuum, um den vierbeinigen Partner, um unseren Wegbegleiter. Wir haben zugelassen, dass Pferde in unserem Bewusstsein allzu schnell auf eine einzige Fähigkeit reduziert werden. Eine Fähigkeit, die ihnen noch nicht einmal natürlicherweise gegeben ist!
«Ist er krank?» höre ich so manches Mal Passanten verblüfft fragen, wenn ich mit meinem Pferd gemeinsam zu Fuss unterwegs bin. Also in der wohl natürlichsten Form der gemeinsamen Fortbewegung. Doch auch ich hätte das früher vermutlich gefragt, wenn mir jemand spazierend mit einem Pferd begegnet wäre. Weil auch mir als Kind kaum etwas Anderes beigebracht oder vorgelebt wurde. Die Pferde selbst waren es, die meinen Blick geöffnet und meinen Horizont erweitert haben. Sie haben mich dazu aufgefordert Dinge zu hinterfragen und hinter die Kulissen zu blicken. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar.
Denn Pferde helfen uns auf beinahe magische Weise zu uns selbst und unseren ganz eigenen Wurzeln zurück zu finden. Sie lehren uns viel über Führung und Gemeinschaft. Über Demut und Einfachheit. Sie vermögen unseren Schmerz und unsere Wunden zu heilen. Und sie
bringen uns auf wundersame Weise in eine friedvolle, ausgeglichene Stimmung. Pferde sind also nicht nur Objekte, die man besitzt. Sie sind vielmehr Freunde, Partner und Weggefährten!
Und wer das einmal erkennt, für den wird Reiten zu einem Geschenk.
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