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Tierschutzvorschriften in der Pferdehaltung

von | Aug 21, 2016 | Allgemein

Die Haltung von Pferden ist äusserst anspruchsvoll. Verglichen mit jener vieler anderer Tierarten ist sie gesetzlich auch relativ detailliert geregelt. So enthält das Tierschutzrecht in Bezug auf Pferde unter anderem Mindestvorschriften über die Häufigkeit des Auslaufs und die Gewährung angemessener Sozialkontakte. Dabei handelt es sich aber nur um Mindestvorgaben, die in der Praxis deutlich überschritten werden sollten.

Vorgaben in der Pferdehaltung

Was schreibt das Tierschutzrecht vor?

Die Autoren: Gieri Bolliger / Andreas Rüttimann, Stiftung für das Tier im Recht (TIR)

Die Haltung von Pferden ist äusserst anspruchsvoll. Verglichen mit jener vieler anderer Tierarten ist sie gesetzlich auch relativ detailliert geregelt. So enthält das Tierschutzrecht in Bezug auf Pferde unter anderem Mindestvorschriften über die Häufigkeit des Auslaufs und die Gewährung angemessener Sozialkontakte. Dabei handelt es sich aber nur um Mindestvorgaben, die in der Praxis deutlich überschritten werden sollten.

Die Tierschutzgesetzgebung enthält neben grundsätzlichen Haltungsbestimmungen, die sich auf alle (Wirbel-)Tierarten beziehen – wie etwa jene, wonach Tiere angemessen zu ernähren und zu pflegen sind und ihnen eine artgerechte Unterkunft geboten werden muss –, auch einige Vorschriften, die sich speziell der Haltung von Pferden widmen. Dabei gilt es zu beachten, dass der Begriff “Pferd” im Bereich des Tierschutzrechts sämtliche domestizierten Tiere der Pferdegattung, also Pferde, Ponys, Esel, Maultiere und Maulesel, mit einschliesst.

Pferde brauchen Sozialkontakte zu Artgenossen

Die Möglichkeit zur Aufnahme von Sozialkontakten mit Artgenossen ist für Pferde von sehr grosser Bedeutung. Am besten wird das Bedürfnis nach sozialer Interaktion – soweit es sich um verträgliche Tiere handelt – in der Regel durch die Gruppenhaltung in einem Offenstall befriedigt. 

Mindestvorschriften

Rechtlich vorgeschrieben ist diese Haltungsform aber nicht. Die Tierschutzgesetzgebung hält jedoch fest, dass Pferden zumindest Sicht-, Hör- und Geruchkontakt zu anderen Pferden ermöglicht werden muss. Lediglich Jungpferde sind zwingend in Gruppen zu halten.

Da der Begriff “Pferd” im Tierschutzrecht sämtliche domestizierte Tiere der Pferdegattung umfasst, wäre es rechtlich betrachtet zulässig, beispielsweise einen Esel als Sozialpartner für ein Pony zu halten. Aus ethologischer Sicht ist dies aufgrund des unterschiedlichen Sozial- und Fressverhaltens jedoch sehr problematisch. Esel können somit nicht als eigentliche “Beistellpferde” betrachtet werden. Im Übrigen bietet natürlich auch die Haltung von Pferden zusammen mit Rindern, Schafen, Ziegen etc. keine artgerechten Sozialkontakte – sowohl in ethologischer als auch in rechtlicher Hinsicht.

Der kantonale Veterinärdienst kann mittels einer befristeten Ausnahmebewilligung die Einzelhaltung eines alten Pferdes gestatten. Diese Genehmigung muss aber begründet sein. Zu denken ist beispielsweise an die Haltung eines alten Pferdes ohne Zukauf eines Beistellpferdes, wenn der Besitzer nach dem Ableben des alten Tieres überhaupt keine Pferde mehr halten möchte.

Gruppenhaltung erfordert sorgfältige Planung

Werden Pferde in der Gruppe gehalten, müssen ausreichend Ausweich- und Rückzugsmöglichkeiten vorhanden sein. Mit einer sorgfältigen Planung und Umsetzung lassen sich die im Vergleich zur Einzelhaltung erhöhten Verletzungsrisiken auf ein Minimum reduzieren. Der Stall ist so anzulegen, dass keine Sackgassen bestehen, ein ungestörtes Nahrungs-, Wasseraufnahme- und Ruheverhalten für alle Pferde – also auch für die rangniedrigen – ungestört möglich ist und die Tiere sich gegenseitig ausweichen können. Bei Bedarf muss zudem ein besonderes Abteil für verletzte, kranke oder unverträgliche Tiere geschaffen werden können, das den tierschutzrechtlichen Anforderungen an eine Einzelbox entspricht und dem Pferd somit wiederum zumindest Sicht-, Hör- und Geruchkontakt zu Artgenossen ermöglicht. In Mehrraumlaufställen ist zudem der Liegebereich vom Fress- und Bewegungsbereich räumlich zu trennen. Liege- und Auslauffläche müssen dabei ständig über einen breiten Durchgang oder über zwei schmalere Durchgänge erreichbar sein.

Pferden ist ausreichend Bewegung zu gewähren

Die Tierschutzverordnung legt fest, dass Pferde täglich Bewegung erhalten müssen. Neben dem Auslauf gilt dabei auch eine anderweitige Nutzung, das heisst die Arbeit unter dem Sattel, an der Hand oder im Geschirr sowie an der Führmaschine, als Bewegung. Auslauf wird demgegenüber definiert als Bewegung ohne Zügel, Geschirre oder Stricke in einer von den Tieren selbst gewählten Gangart, Richtung und Geschwindigkeit. Zuchtstuten mit Fohlen, Jungpferden und allen weiteren Equiden, die nicht anderweitig genutzt werden, ist täglich mindestens zwei Stunden Auslauf zu gewähren. 

Recht transparent

Bei genutzten Pferden genügt es hingegen aus rechtlicher Sicht, wenn sie an mindestens zwei Tagen pro Woche jeweils wenigstens zwei Stunden Auslauf erhalten. Dies gilt allerdings nur, wenn sie an den übrigen Tagen andere körperliche Arbeit verrichten. An Tagen, an denen dies nicht der Fall ist, muss auch genutzten Pferden Auslauf geboten werden. Am besten ist es für die Pferde natürlich, wenn ihnen so viel Auslauf wie möglich gewährt wird.

Als Auslaufflächen kommen Weiden und Allwetterausläufe in Betracht. Die Verwendung von Stacheldrahtzäunen zu deren Begrenzung ist grundsätzlich verboten; befristete Ausnahmebewilligungen werden nur für weitläufige Weiden erteilt, die über eine zusätzliche, für die Pferde erkennbare Begrenzung, wie etwa einen Waldrand oder eine Trockenmauer, verfügen. Der Auslauf ist grundsätzlich draussen zu gewähren. Bei extremen Witterungs- und Bodenverhältnissen kann er jedoch auch auf einer überdachten Fläche erfolgen, beispielsweise in einer Reithalle. Als extrem gelten dabei morastige Böden, starker oder anhaltender Niederschlag bei Kälte oder starkem Wind, Sturmwinde oder Glatteis. In Ausnahmefällen ist es möglich, für höchstens vier Wochen ganz auf den Auslauf zu verzichten, sofern die Pferde während dieser Zeit täglich genutzt werden. Dies gilt beispielsweise für neu in einem Betrieb eingestellte Tiere, bei extremen Witterungsbedingungen zwischen dem 1. November und dem 30. April sowie während des Einsatzes des betreffenden Pferdes im Militärdienst, an Show- oder Sporttourneen oder an Ausstellungen.

Verbot der Anbindehaltung

Die Anbindehaltung von Pferden ist ausdrücklich untersagt. Von diesem Verbot gibt es aber Ausnahmen, die es gestatten, Pferde kurzzeitig anzubinden. Dies gilt für das Füttern, das Pflegen und das Festbinden bei Übernachtungen auf Wanderritten sowie für Veranstaltungen oder vergleichbare Situationen. Zudem dürfen Pferde, die in einen neuen Stall umziehen oder im Militär im Einsatz sind, während einer Dauer von maximal drei Wochen angebunden gehalten werden. Die Anbindeplätze sind in diesen Fällen so zu gestalten, dass die Tiere sich nicht verletzen und artgemäss stehen, sich hinlegen, ruhen und aufstehen können. Für den Transport von Pferden ist das Anbinden sogar vorgeschrieben, ausgenommen hiervon sind Jungpferde.

Stall ist tierschutzkonform auszugestalten

Natürlich muss auch der Stall, in dem die Pferde untergebracht sind, gewisse Mindestanforderungen erfüllen. Dies gilt beispielsweise für die Fläche, die den Tieren mindestens zur Verfügung stehen muss. Diese ist im Anhang der Tierschutzverordnung geregelt und sowohl von der Widerristhöhe des jeweiligen Pferdes als auch vom Haltungssystem abhängig. Neben der Grösse des Stalls sind zudem etwa auch die herrschenden Licht- und Luftverhältnisse entscheidend für die artgerechte Unterbringung von Pferden. Ihr Atmungsapparat reagiert besonders empfindlich auf Staub und Schadgase, weshalb für eine gute Frischluftversorgung und eine ständige Luftzirkulation zu sorgen ist.

Der Stall muss zudem ein den Pferden angepasstes Klima aufweisen, was unter anderem bedeutet, dass die Tiere auch im Hochsommer nicht schwitzen dürfen, wenn sie eingestallt sind. Ausserdem ist es verboten, Pferde dauernd im Dunkeln zu halten. Stallungen müssen durch Tageslicht beleuchtet werden, wobei die Beleuchtungsstärke tagsüber mindestens 15 Lux betragen muss. Selbstverständlich darf der Stall ganz allgemein keine Verletzungsrisiken für die Tiere bergen. Ausserdem sind die Liegeplätze ausreichend mit geeigneter, sauberer und trockener Einstreu zu versehen.

Tierschutzbestimmungen sind immer nur Mindestvorschriften

Daneben enthält das Tierschutzrecht noch weitere Bestimmungen zur Pferdehaltung. So ist etwa ausdrücklich festgehalten, dass Pferden – ausser während des Weidegangs – zur arttypischen Beschäftigung ausreichend Raufutter wie Futterstroh zur Verfügung stehen muss und dass für die Haltung von mehr als fünf Pferden bestimmte Ausbildungspflichten zu erfüllen sind. Zu bedenken ist aber stets, dass die gesetzlichen Tierhaltungsvorschriften nur Minimalanforderungen darstellen, die die Grenze zum strafbaren Tierschutzverstoss markieren. Im Interesse des Tierwohls sollte man als Halter unbedingt weit über diese Minimalvorschriften hinausgehen und bei der Ausgestaltung von Gehegen, Ställen und Auslaufflächen viel grosszügigere Bedingungen schaffen. Verantwortungsvollen Pferdehaltenden muss es ausserdem ein Anliegen sein, sich ein möglichst grosses Fachwissen anzueignen und ausreichend Zeit und Fürsorge in sein Tier zu investieren.

 

 

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